Zwei Jahre numerische Kennzeichnung für Polizei - kein Nachteile, keine Übergriffe, kein Anstieg unbegründeter Anschuldigungen

Steffen Dittes

„Zwei Jahre nach Einführung der numerischen Kennzeichnung für Polizeibeamte in Thüringen steht fest: Alle Schreckensszenarien, die an die Wand gemalt wurden, sind nicht eingetreten, das Gegenteil ist der Fall: Diese Art von Kennzeichnung bei 1.255 Thüringer Polizeibeamten stärkt die Transparenz polizeilichen Handelns, schafft Grundlagen für die individuelle Überprüfung von Rechtsverstößen und damit Vertrauen in polizeiliches Handeln. Die Kennzeichnung verhindert, dass durch Fehlverhalten einzelner, nicht identifizierbarer Beamter, die Polizei in Gänze unter Generalverdacht gerät“, resümiert Steffen Dittes, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, anlässlich der Antwort des Innenministeriums auf eine Kleine Anfrage.

Vor der sukzessiven Einführung der Kennzeichnungspflicht für geschlossene Einheiten im Mai 2017 hatten CDU und AfD Sorgen geäußert, dass Polizisten dadurch ausgespäht und bedroht würden und es einen Anstieg unberechtigter Anschuldigungen geben würde. Dittes hierzu: „Die Thüringer Polizei bzw. das Innenministerium haben innerhalb von zwei Jahren keinen einzigen Fall verzeichnet, bei dem Polizisten Nachteile durch die Kennzeichnungspflicht erfahren haben oder bei dem es einen Anstieg unberechtigter Anschuldigungen gegeben hat. Auch liegen keine Erkenntnisse vor, dass Polizisten durch sie Opfer einer Straftat oder von Übergriffen wurden. Die Sorgen von damals haben sich wie erwartet als völlig haltlos herausgestellt.“

Der LINKE-Abgeordnete erklärt mit Blick auf die Antwort des Ministeriums, dass gerade zum Schutz von Polizeibeamten verschiedene Mechanismen geschaffen wurden: „Die Nummern werden zufallsbasiert generiert. Jeder entscheidet selbstständig vor dem Einsatz, welche von drei zur Verfügung stehenden Nummern verwendet wird. Die Zuordnung zu personenbezogenen Daten erfolgt ausschließlich über die personalverwaltende Stelle der Landespolizeidirektion, da nur sie die notwendigen Zugriffsrechte hat. Damit hat Rot-Rot-Grün eine ausgewogene Balance zwischen Schutzbedürfnis von Polizeibeamten und berechtigten Interessen der Bürger gefunden.“ Eine Repersonalisierung erfolge dann, wenn in einem Ermittlungsverfahren die Nummer als einzige Möglichkeit der Identifizierung in Frage komme, was 2019 ein Mal der Fall war. Nach dem gleichen Prinzip können auch Dienstaufsichtsbeschwerden zugeordnet werden, was zwei Mal 2018 geschah.

Erfreut zeigt sich Dittes, dass die Einführung der numerischen Kennzeichnungspflicht inzwischen nicht nur auf die beiden Bereitschaftspolizeihundertschaften sowie der Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaft, sondern auch auf die Einsatz- und Alarmzüge der Landespolizeiinspektionen, die Diensthundestaffeln, die Technische Einsatzeinheit und weitere Bereiche ausgedehnt wurde. Der Abgeordnete weiter: „Aus Gesprächen mit Polizisten in geschlossenen Einheiten wissen wir, dass die Nummern nicht als Last, sondern als Bereicherung wahrgenommen werden, gerade auch, weil vermutetes oder tatsächliches Fehlverhalten nun klarer zuzuordnen ist und nicht ganze Gruppen oder Einsatzzüge unter Verdacht stehen, weil es etwa an Identifizierbarkeit mangelt.“

Dennoch gäbe es weiterhin Baustellen: „Beim Einsatzgeschehen am 1. Mai 2019 sollen vereinzelt Beamte die Kennzeichnung unterlaufen haben, etwa durch mutwilliges Verdecken durch Hand oder Kleidungsstücke. In anderen Fällen seien fehlende Anbringungsmöglichkeiten an der Schutzausrüstung geltend gemacht worden. Das Innenministerium hat dazu im Innenausschuss klargestellt, dass die Pflicht einzuhalten und absichtliches Verdecken unzulässig ist. Bei Verstößen sollten Vorgesetzte oder Kontaktbeamte informiert werden. Zudem wurde eine Überprüfung angekündigt, um etwaige Mängel bei der Anbringung abzustellen“, so Dittes. Das Verfassungsgericht Sachsen-Anhalt hatte im Mai eine Klage der AfD gegen die dortige Kennzeichnungspflicht abgelehnt und diese u.a. mit dem Interesse an der Aufklärung von Pflichtverletzungen als verfassungsrechtlich zulässig bewertet.