DGB besorgt über verfestigte Armut im Saale-Orla-Kreis

OTZ, Uli Drescher

Kreisvorsitzende Ute Walther sieht eine Ursache bei Hartz-IV-Praxis. Jobcenter und Landkreis sollen sich mehr anstrengen.

Kreisvorsitzende Ute Walther sieht eine Ursache bei Hartz-IV-Praxis. Jobcenter und Landkreis sollen sich mehr anstrengen.

Schleiz. Ende 2012 waren 7,8"Prozent der erwerbsfähigen Menschen im Saale-Orla-Kreis auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Das sogenannte Eintrittsrisiko lag bei 3,1 Prozent, heißt, innerhalb eines Jahres rutschten rund drei von 100 erwerbsfähigen Personen in Hartz"IV ab. Im Vergleich mit ähnlich strukturierten "dünn besiedelten ländlichen Kreisen" lag die Hartz-IV-Quote des Kreises damit im Bundesdurchschnitt, teilt der DGB mit, der eine Sonderauswertung der Statistik in Auftrag gegeben hat.

Eine aktuelle DGB-Auswertung von Zahlen der Bundesagentur aus dem Dezember 2012 ermögliche erstmals einen differenzierten Blick auf die Hartz-IV-Situation im Saale-Orla-Kreis, heißt es dazu. Im Hartz-IV-System gibt es viel Bewegung. 71 Prozent der ALG-II-Empfänger befinden sich im Langzeitbezug, sie waren in den vergangenen 24 Monaten mindestens 21 Monate auf Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen. Rund 55 Prozent der Leistungsempfänger, bekommt seit vier Jahren oder länger Hartz IV.

"Die Lebenssituation Betroffener wir immer belastender."

Ute Walther, Vorsitzende DGB Saale-Orla: "Die Lebenssituation Betroffener wird immer belastender, je länger der Leistungsbezug andauert", sagt DGB-Kreisvorsitzende Ute Walther aus Neustadt an der Orla. Notwendige Anschaffungen, wie der Ersatz einer verlorenen Mütze, könnten kaum noch bezahlt werden. Auf der anderen Seite sinke mit längerer Hilfebedürftigkeit die Wahrscheinlichkeit, wieder ein Einkommen zu erreichen, das die eigenständige Existenzsicherung ermöglicht.

So waren 38 Prozent derer, die 2012 den Hilfebezug beenden konnten, vorher weniger als ein Jahr auf Hartz-IV angewiesen. 35 Prozent derer, die den Hartz-IV-Bezug verlassen konnten, waren vorher zwischen ein und vier Jahren hilfebedürftig, 28 Prozent waren es mehr als vier Jahre. "Die Zahlen zeigen, dass die Mehrheit der Hartz-IV-Bezieher dauerhaft arm ist. Das System bewahrt hilfebedürftige Menschen nicht vor Armut, sondern trägt zu einer Verfestigung bei", kritisiert die Vorsitzende des DGB Saale-Orla.

Die Hilfebedürftigkeit betreffe nach der Analyse bei weitem nicht nur Arbeitslose. Viele Hartz-IV-Bezieher gehen demnach einer Beschäftigung nach, die durch niedrige Löhne bzw. eine geringe Stundenzahl nicht existenzsichernd und prekär ist oder befinden sich in Fördermaßnahmen. Das "Aufstocken" subventioniert Unternehmen, die erbärmlich zahlen und führe zugleich dazu, dass existenzsichernde Beschäftigung weniger angeboten wird. Angesichts dessen fordert der DGB das Jobcenter und den Landkreis zu mehr Anstrengungen zur Vermeidung und zum Abbau von Langzeitbezug auf.

"Neben professioneller Betreuung müssen Stabilisierungs-, Unterstützungs- und Eingliederungsmaßnahmen stärker am Ziel der Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. Das bedeutet auch, dass nur in gute Arbeit vermittelt werden sollte. Es kann nicht sein, dass mit Eingliederungszuschüssen schwarze Schafe unter den Unternehmen finanziert werden, die Mindeststandards unterlaufen. Wenn Jobcentern so etwas bekannt wird, müssen Mittel konsequent zurückgefordert werden", betont Ute Walther.

Zudem müssten die sozialintegrativen Maßnahmen wie Schuldnerberatung, etc. sowie abschlussorientierte Qualifizierungen ausgebaut werden. "Durch die Kürzung der Arbeitsförderung in den vergangenen Jahren haben sich die Förderchancen für Hartz-IV-Empfänger massiv verschlechtert. Die Arbeitsförderung muss wieder ausgebaut werden. Dauerhaft können heutige Hartz-IV-Bezieher ihren Lebensunterhalt aber nur selbstständig bestreiten, wenn die Arbeitgeber im Landkreis Vollzeitarbeitsverhältnisse schaffen und ordentlich bezahlen", meint Walther