Wir nehmen Abschied von Prof. Dr. Max Schmidt

Dr. Dieter Rebelein

Nachruf von Dr. Dieter Rebelein im Namen des Kreisvebandes DIE LINKE. Saale-Orla-Kreis

„Jede Taube saß auf einem anderen Zweig“ – so steht es als Leitgedanke auf seinem Buch, das Max Schmidt vor einem Jahr vollendet hat. Albert Norden hat dieses Gleichnis am Tag der Berufung von Max Schmidt zum Direktor des Instituts für Internationale Politik und Wirtschaft (IPW) der ehemaligen DDR im Jahr 1973 verwendet.

Die Taube als Symbol des Friedens wurde zum äußeren Zeichen seines weiteren Lebens als Friedensforscher, als international anerkannter Wissenschaftler und Wegbereiter für einen dauerhaften Friedensprozess in der Welt. Max Schmidt widmete sich dieser Aufgabe mit ganzer Kraft und Hingabe.

Er war richtig der Überzeugung, dass es Wege geben muss, die Zeit des Kalten Kriegs in Europa zu überwinden. Es musste Wege geben, dass die Menschheit – die in der bisherigen Geschichte so viel Leid durch Kriege erfahren musste - endlich ein friedlicheres Zusammenleben erreichen kann, unabhängig von Staaten, Nationen, Weltanschauungen, Geschlecht oder sozialer Herkunft.

Albert Norden wusste, dass er für diese komplizierte Aufgabe den richtigen Mann vorgeschlagen hatte.

„He is one of the sharpest brain in the GDR“ - er ist einer der schärfsten Denker der DDR - bestätigte viele Jahre später bei einem diplomatischen Abendessen der schwedische Botschafter Liljegrin.

Mit seinem Fleiß, seinem Wissen und seinen Erfahrungen auf juristischem Gebiet hätte Max Schmidt sicher auch ein erfolgreicher Nachfolger für den berühmten Prof. Friedrich-Karl Kaul werden können, dessen Mitarbeiter er für viele politische Prozesse war. Aber über seine Zukunft hatten auch andere, insbesondere die SED und der Ministerrat der DDR, ein Wort mitzureden.

FRIEDEN

Ja, Frieden – Max Schmidt hat seinen persönlichen Frieden nach einem an Leistungen und Ereignissen reichem Leben am 8. Januar 2018 gefunden.

Ja, Frieden war für ihn nicht nur Wunsch und Traum – es war Ziel für mehr Recht und Gerechtigkeit.

Das bedeutungsvolle Wort war Aufforderung für ihn, nach Wegen zu forschen, wie Frieden zu schaffen wäre und wie Konflikte vermieden werden können. Frieden zu schaffen, das erforderte Partner aus allen politischen Lagern zu finden, gleichzeitig Fragen der internationalen Sicherheit und Zusammenarbeit zu lösen und das bei wechselnden politischen Konstellationen und ökonomischen Entwicklungen der Systeme.

In Egon Bahr fand er z.B auf der Seite der Bundesrepublik einen solchen verlässlichen Partner. Die Kontakte zu ihn und zu anderen sind auch nie abgebrochen.

Äußerst wichtig waren die Diskussionen im „Bergedorfer Gesprächskreis“, zu dem Dr. A. Körber qualifizierte Teilnehmer vieler Länder, darunter eben auch Max Schmidt, über Themen wie „Europäische Sicherheit und Möglichkeiten der Zusammenarbeit“ einludt.

Es lassen sich nicht alle hochrangigen friedenspolitischen Treffen aufzählen, zu denen das IPW und Max Schmidt wesentliche Beiträge geliefert haben. Und ich kann auch nicht alle Referenzen und Begegnungen aufzählen, die die Leistungen von Max Schmidt belegen, denn es sind viele.

Besonders hervorgehoben sei aber noch die Mitarbeit an der Grundsatzerklärung zwischen der westdeutschen SPD und der SED „Der Streit der Ideologien und die gemeinsame Sicherheit“ – ein Dokument, dass durchaus völkerrechtlich verbindliche Vorschläge für Sicherheit und friedliche Koexistenz enthält. Entsprechend hoch war damals auch die internationale Ressonanz. Max Schmidt wurde somit zu einem aktiven Mitgestalter der Verständigungspolitik zwischen Ost und West - darin liegt sein großer politischer Verdienst.

Ich will auch nicht verschweigen, dass es ausreichend Widerstand, Hindernisse Fehler und zum Teil auch persönliche Auseinandersetzungen gab, deren er sich in dieser Zeit stellen musste. Wir können vieles davon in seinem Buch nachlesen.

Die Ergebnisse der Forschungen am Institut und die Vielzahl internationaler Kontakte und Forschungsreisen fanden ihre Würdigung in der Mitgliedschaft von renommierten wissenschaftlichen und politischen Gremien und Akademien, so als

  • Korrespondierendes Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR

  • Mitglied der Leibnitz-Sozietät der Wissenschaften zu Berlin e.V.

  • Vorsitzender des wissenschaftlichen Beirats und Mitglied des Vorstandes des Internationalen Instituts für den Frieden in Wien, seit 1988

  • u.v.a.

Was hätte das IPW unter der Leitung von Prof. Dr. Max Schmidt nicht noch alles vollbringen können. Doch dann kam das Jahr 1989 – die Wiedervereinigung und "Wende des Systems". Prof. Max Schmidt war gerade 58 Jahre jung – geprägt von den Ideen eines zukunftsfähigen Sozialismus. Statt gerade damals die Arbeit um die weitere Verbesserung des politischen Weltklimas fortzusetzen, wurde sein Institut evaluiert – ein verschleiernder Begriff für Auflösung und Abschaffung. Jahrzehntelange Arbeit wurde politisch motiviert so einfach mit dem Papierkorb entsorgt.

Aber er wäre nicht Max Schmidt, wenn er nicht auch in dieser Situation nach Auswegen gesucht hätte. Seine Lebenshaltung als „Linker“ – wie er sich selbst bezeichnet hat – gab er nicht auf. Seine Kenntnisse und Erfahrungen und Kontakte stellte er dann bis zu seinem Rentenbeginn der Bundestagsfraktion der PDS bzw. DIE LINKE zur Verfügung.

Gleichzeitig forschte er nach den Ursachen des Scheiterns der DDR und hielt seine Ergebnisse dazu in seinem Buch fest. Gern hätten wir davon eine Fortsetzung gehabt. Wir LINKE im Saale-Orla-Kreis konnten uns glücklich schätzen, dass Max Schmidt sich ganz intensiv in die Arbeit des Kreisverbandes und des Kreisvorstandes einbrachte.

Wir profitierten von seinem enormen Wissen, seinem großen Überblick und seinem Engagement zur politischen Bildung der Mitglieder sowie der Herausgabe einer Zeitung des Kreisverbandes. Selbst dann, als die Gesundheit nachließ, haben wir wertvolle Hilfe bei vielen Gesprächen und Kontakten von ihm erhalten.

Ich selbst denke noch oft daran, wie er mit mir über die Frage des Umgangs mit dem Begriff „Unrechtsstaat DDR“ diskutiert hat. Ohne seine Lebenserfahrung und Beratung hätte ich vielleicht resigniert und mich aus der Politik zurückgezogen.

Deshalb bewahrheitet sich hier der Spruch: Genosse Prof. Dr. Max Schmidt stand nicht an der Spitze, um herabzublicken, -nein- sondern um für uns vorauszuschauen.

So wollen wir ihn und sein Vermächtnis für Frieden in bester Erinnerung behalten.