Kritik unerwünscht: Bundeswehr wirbt bei Schülern

Redaktion

Ausbildungsmesse zeigt arbeitsmarktpolitische Problemstellen // Besuch des LINKEN-Direktkandidaten trifft auf unerwarteten Widerstand // Azubi-Ticket für Auszubildende könne positive Anreize schaffen

Philipp Gliesing, LINKE-Direktkandidat für den Landtag, besuchte am Mittwoch, den 09.04. die Ausbildungsmesse „Berufe aktuell“, um sich einen Überblick über die regionalen Angebote an Ausbildungsplätzen zu informieren. Leider stellte sich heraus, dass den meisten Platz die Bundeswehr erhalten hat und die ist nun wirklich kein „normaler“ Arbeitgeber.

Offensichtlich investiert die Bundeswehr viel in ihre öffentlichen Auftritte, schließlich hatte sie den meisten Raum auf der Pößnecker Ausbildungsmesse erhalten. Nicht nur die Präsentation eines Militärfahrzeuges diente als „eye catcher“ der Veranstaltung, die vom Arbeitskreis Schule-Wirtschaft organisiert worden war. Auch der Messestand selbst war breiter als die anderen und vor allem an zentraler Stelle aufgestellt. Andere Stände, wie der des Landratsamtes oder von wichtigen Ausbildungsverbänden, kamen in den engen Gängen weniger zur Geltung.

Ausbildungsmarkt braucht bessere Rahmenbedingungen

Vorzeigbare Innungsbetriebe, vielfältige Unternehmenskulturen und berufsbildende Einrichtungen sind in Ostthüringen durchaus vorhanden. Ein großes Manko aber sei vor allem der Mangel an motivierten und kompetenten Bewerberinnen und Bewerbern – äußerten sich Messeteilnehmer gegenüber Philipp Gliesing.  

Falsch wäre es sicher, die Bildungseinrichtungen des Primär- und Sekundärbereichs dafür verantwortlich zu machen. Jedoch spielt auch die Sozialstruktur sowie die Praxisorientierung im Bildungssystem eine Rolle. Junge Menschen müssen sich angenommen fühlen und brauchen solide Rahmenbedingungen für einen verlässlichen Einstieg ins Berufsleben. Das fängt bei einer Vernetzung zwischen Trägern der Jugendhilfe, Kultur- und Sportvereinen mit den Bildungseinrichtungen an und endet mit der Perspektive auf gute Löhne und familiengerechtes Umfeld. Flächen-Landkreise wie der Saale-Orla-Kreis sind deshalb vor besondere Herausforderungen gestellt, wenn sie mittelfristig wirklich eine ganze Region entwickeln wollen.

Im Gespräch am Stand der Agentur für Arbeit wurde auch deutlich, dass die kostenlose Beförderung von Auszubildenden, nach dem thüringischen „Studenten-Modell“, eine große Erleichterung bei der Wahl des Ausbildungsplatzes darstellen würde. Das Argument der Agentur-Mitarbeiterin, es sei ungerecht, dass nur die Empfänger von „HartzIV“ Kosten erstattet bekommen, ist aber nicht ganz die Herangehensweise von Gliesing.

Philipp Gliesing unterstützt die gewerkschaftliche Forderung mit Nachdruck:

„Das pauschale Azubi-Ticket für Thüringen wäre nicht nur ein motivierender Anreiz, sondern gewährleistet auch Chancengleichheit und weniger Belastung für die Auszubildenden.“

 

Bundeswehr als „normaler“ Arbeitgeber

Der Strukturwandel der Bundeswehr, der sich eigentlich seit dem Kriegsbeginn in Afghanistan vollzieht, hat zu einem massiven Ausbau der inneren Infrastruktur geführt. So ist heute eine Vielzahl von Branchen und Dienstleistungen innerhalb des Militärapparats wiederzufinden und die Bundeswehr wird zum Unternehmen mit vielseitigen beruflichen Sparten. Hier zeigt sich eine Entkopplung der Streitkräfte von der Gesellschaft hin zu einer flexiblen Einsatzarmee, die weltweit operieren soll. Es wird deutlich, dass nicht nur die Soldaten „kriegsentscheidendes Material“ sind, sondern vor allem auch die integrierten Zulieferbetriebe.

Die Bundeswehr – angesichts der politischen Großwetterlage – als multiplen Arbeitgeber und Ausbilder zu bewerben, ist mehr als fahrlässig und gerade aus pädagogischer Sicht unverantwortlich.

DIE LINKE hofft deshalb, dass Lehrer, Schüler und Eltern zu einer kritischen Auseinandersetzung bereit sind. Nicht nur die historischen Erfahrungen der Kriege und Konflikte vor 1918, 1945 und 1989 geben Anlass, die Werbung von Militär an Bildungseinrichtungen zu verbieten. Auch die aktuellen Kriege und Militäroperationen im Rahmen der NATO sind „Brandherde deutscher Außenpolitik“, die aus falsch verstandener Solidarität mit Bündnispartnern resultieren und keine nachhaltigen Fortschritte erzielen.

Schon am 22. April 2014 wird es Gelegenheit für einen sachlichen und fachlichen Austausch geben.

Die Linksjugend ['solid] Saale-Orla-Kreis lädt zur Lesung „Soldaten im Klassenzimmer“ mit Michael Schulze von Glaßer ein. 

 


Weitere Hinweise:


LINKSFRAKTION im Bundestag 

Streitkräfte halbieren, defensiv ausrichten, Auslandseinsätze beenden

Folder - BundeswehrreformFolder

Liebe Leserin, lieber Leser,



die Fraktion DIE LINKE lehnt die von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Strukturreform der Streitkräfte ab. Die Regierung will die Bundeswehr schlanker und zugleich schlagkräftiger machen. Ihr Ziel ist eine noch effektivere globale Einsatz- und Interventionsarmee, die auch Wirtschaftskriege führen kann. 

Im Unterschied zu den anderen Parteien hält DIE LINKE eine Welt für möglich, in der Konflikte friedlich und mit zivilen Mitteln ausgetragen werden. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Ursachen gewaltträchtiger Konflikte energisch angegangen werden: Frieden verlangt nach einer Welt, in der es gerecht zugeht, allen Menschen der Zugang zu Nahrung, Wasser, Arbeit, Bildung und Gesundheit ermöglicht wird und alle Kinder, Frauen und Männer über grundlegende Menschenrechte verfügen.

Eine Welt und eine Bundesrepublik Deutschland ohne Armee ist daher das Ziel der Fraktion DIE LINKE. Mit konkreten Abrüstungsschritten kann und muss hier und heute begonnen werden. Aus diesen Überlegungen leitet die Fraktion DIE LINKE ihr Zehn-Punkte-Programm für eine Reform der Bundeswehr ab, das sie Ihnen mit diesem Folder vorstellen möchte.

1. Grundgesetzauftrag: Landesverteidigung

2. Bundeswehr defensiv ausrichten 

3. Streitkräfte um die Hälfte reduzieren

4. Wehrpflicht beenden





5. Die parlamentarische Kontrolle der Streitkräfte festigen



6. Zivilität und Demokratie dürfen nicht am Kasernentor Halt machen 

7. Zivile und militärische Hilfe trennen – Kein bewaffneter Einsatz im Inneren



8. Mit der Abrüstung beginnen, den Abrüstungsprozess verstetigen

9. Umbau und Konversion sozial verträglich gestalten 

Frieden braucht Bewegung