Gedenken für die Toten bei Lemnitzhammer

ErinnerungskulturWahlkreis

MdL Ralf Kalich dankt den engagierten Gemeindemitgliedern in Harra für die Erneuerung der Gedächtnisstätte für die Opfer des Todesmarsches zwischen Harra und Lemnitzhammer. An die sieben ermordeten KZ-Häftlinge erinnert nun ein Holzkreuz.

MdL Ralf Kalich dankt den engagierten Gemeindemitgliedern in Harra für die Erneuerung der Gedächtnisstätte für die Opfer des Todesmarsches zwischen Harra und Lemnitzhammer. An die sieben ermordeten KZ-Häftlinge erinnert nun ein Holzkreuz.

Insbesondere Claus Walkowiak vom Heimatmuseum Harra ist es zu verdanken, dass eine historische Dokumentation existiert und ein würdiges Gedenken möglich ist. Die KZ-Häftlinge gehörten zu dem ersten "Evakuierungsmarsch", der am 07. April 1945 im Konzentrationslager Buchenwald startete. Die überwiegende Anzahl der Menschen stammte aus Vernichtungslagern, die angesichts der vorrückenden alliierten Streitkräfte von der SS in Richtung Bayern getrieben wurden.

Zeitzeugenberichte

OTZ, 24.03.2018 - Erinnerungen an den Todesmarsch von Harra

Die siebenjährige Edith steht 11. April 1945 auf der Eisenbahnbrücke, die Harra mit Bad Lobenstein verbindet, und schaut auf Lemnitzhammer. Ihr Großvater war Streckenwart, daher war die Kleine oft mit ihrer Familie dort. Aber was sie an diesem Tag dort erlebt, wird ihr immer im Gedächtnis bleiben. [...]

„Von der Brücke aus haben wir das Elend gesehen“, sagt Edith Böckel. Aber als Siebenjährige konnte sie damals noch nicht begreifen, was da eigentlich in Lemnitzhammer passierte. Das kleine Mädchen wusste nicht, dass es sich um KZ-Häftlinge handelte. Sie sah Menschen, die vor Hunger und Durst versuchten, Gras zu essen und aus dem Bach zu trinken – es blieb in den meisten Fällen bei dem Versuch.

„Während die SS-Leute im Biergarten in Lemnitzhammer speisten, haben ihre Hunde die Häftlinge bewacht“, erinnert sich Edith Böckel. Die Tiere waren so abgerichtet, dass sie die KZ-Häftlinge vom Wasser und auch vom Gras wegrissen. Das wiederholte sich auch in Harra, wie ein anderer Augenzeuge ­berichtet.

Edith Böckel erfuhr dann von ihrem Bruder, der damals 14 Jahre alt war, von den weiteren Ereignissen. „Für ihn und ein paar Freunde im selben Alter war es ein Abenteuer, die SS-Leute zu spionieren“, sagt Edith Böckel. Er habe dann auch erlebt, wie sieben Häftlinge beim Aufstieg von Lemnitzhammer nach Harra erschossen wurden und an einem Hohlweg von ihren Mitgefangenen verscharrt werden mussten – mit den ­bloßen Händen.

Dann wurde es Sommer und die im Tal verbreitete sich ein unangenehmer, süßlicher Geruch. „Aus Lichtenbrunn kamen damals viele Arbeiter nach Lemnitzhammer, entweder um dort zu arbeiten oder zum Bahnhof zu gehen“, so Claus Walkowiak vom Heimatmuseum in Harra. Er sammelt seit Jahren Augenzeugenberichte und Quellen über den Todesmarsch durch Harra.

„Durch die Arbeiter wurde publik, dass bei Lemnitzhammer Leichen verscharrt worden waren“, erklärt er. Die Amerikaner, die die Region besetzt haben, sollen laut Claus Walko­wiak die NSDAP-Machthaber in Harra dazu gezwungen haben, die Toten auszugraben. Dann wurden sie auf dem Harraer Friedhof zu ihrer letzten Ruhe gebettet. Leider hat am Grabstein der Zahn der Zeit genagt, ,die Inschrift sei kaum mehr zu erkennen. Daher bemüht sich Claus Walkowiak darum, dass der Grabstein wieder hergestellt wird. Entsprechende Anfragen an das Pfarramt Harra, Träger des Friedhofes, und das Thüringer Landesverwaltungsamt sind bereits gestellt."

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OTZ, 19.04.2015 - Sieben Häftlinge bei Lemnitzhammer getötet - "Marsch des Lebens" erinnert an die Ereignisse

"[...] Es werden die Erinnerungen von Eberhard Grüner aus Harra verlesen, der den Todesmarsch im April 1945 selbst gesehen hat. Er konnte beobachten, wie Einwohner den Häftlingen Essen und Trinken reichen wollten. "Du willst wohl auch gleich mitgehen!", hörte er einen SS-Mann brüllen. Eine Zeitzeugin bemerkte einen Häftling, der versucht hatte, ans Wasser im damals noch nicht verrohrten Dorfbach zu gelangen. Sofort sei ein Hund auf ihn gehetzt worden. "Halbtot wurde der Häftling dann auf einen der Wagen geworfen." Auch der 81-jährige Werner Stöcker, der persönlich an dem Gedenkmarsch von Lemnitzhammer nach Harra teilnimmt, sah mit eigenen Augen, wie immer wieder Hunde auf Häftlinge gehetzt worden sind, wenn diese versucht hatten, am Wegesrand bereitgestelltes Wasser anzunehmen.

Sieben Häftlinge wurden allein an dem Anstieg bei Lemnitzhammer erschossen und einfach liegengelassen. [...]"